Donnerstag, Juli 4, 2024
Science

Wissenschaft in Essenzen

„Das Paradox erwischt uns nun in voller Breite, wenn wir weiter überlegen, dass wir zwar alles Mögliche über die Zukunft wissen können, nur nicht das, was wir in Zukunft wissen werden. Denn sonst wüssten wir dies schon heute.“  

Wenn Sie auch lieber die Zusammenfassung und Höhepunkte eines Bundesligaspieltags anstelle der manchmal langatmigen 90 Minuten eines Fußballspiels anzuschauen, dann finden Sie hier die Wissenschafts-Sportschau mit einem interessanten Überblick über die Highlights aus  Physik, Mathematik, Biologie, Chemie und Psychologie im wesentlichen der letzten 2-3 Jahrhunderte.

Ernst Peter Fischer, der Wissenschaftshistorie an der Universität Konstanz und in Heidelberg lehrte, hat von Berufswegen ein gutes Verständnis für die wesentlichen Errungenschaften der Wissenschaften. Was zeichnet sein Buch aus gegenüber vielen anderen Wissenschaftszusammenfassungen?

Zum einen gelingt es ihm, tatsächlich jeweils eine Schlüsselidee eines Forschers so anschaulich darzustellen, dass nicht nur die Erkenntnis selbst, sondern auch der Wissenschaftler dahinter beleuchtet wird: auch wenn vielleicht nicht alle Anekdoten völlig wahr sind, geben sie doch einen guten Eindruck, um was für Typen es sich bei Bohr, Pauli, oder Russell gehandelt hat. Zum anderen ist es Fischer immer wieder ein Anliegen, zu beschreiben, wie der Weg hin zur Erkenntnis ausgesehen hat; die Idee der Komplementarität, die besagt, dass es zu jeder Beschreibung der Wirklichkeit eine gleichberechtigte, entgegenläufige Beschreibung gibt, ist interessant und führt zur Frage der Balance zwischen Wissenschaft und Kunst („die Wahrheit, die den Weg weist, und die Wahrheit, die das Herz wärmt“).

Viele Lobpreisungen und ein Verriss

Die Hälfte des Buches widmet sich den Erkenntnissen der Physik, von Newton über Maxwell bis Planck, Einstein und Pauli. Der anschaulichen Mathematik mit den Apfelmännchen von Mandelbrots Chaostheorie folgen Russellsche Logik und die Berechenbarkeitsmodelle von Turing. Auch Chemiker, Evolutions- und Molekularbiologen sowie Verhaltensforscher wie Lorenz und Pawlow werden gewürdigt. Dann allerdings ergießt sich Hohn und Spott über die Psychoanalyse von Sigmund Freud („Was Freud geschrieben hat, mag ja als Literatur etwas taugen, aber die Bezeichnung „Wissenschaft“ sollte man in dem Zusammenhang mit seiner Tiefenpsychologie nur sehr vorsichtig und eingeschränkt einsetzen.“). Gegen Ende des Buches (Moore, Popper, Bacon, Hershey) werden die Kapitel etwas unverständlich deutlich knapper, aber seinem Anspruch, das Interesse an Wissenschaft dadurch zu wecken, dass man mehr von den Forschern redet, ist Fischer gerecht geworden.

Originalität Erkenntnisgewinn
VerständlichkeitSpaßfaktor

Ernst Peter Fischer: Schrödingers Katze auf dem Mandelbrotbaum. Goldmann Verlag, 2006, 351 Seiten.
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