Freitag, Oktober 11, 2024
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Ceterum censeo: Glykosespitzen vermeiden!

Hast Du ständig Heißhunger auf Süßes?

Kohlenhydrate (Zuckerverbindungen) sind die Hauptursachen für Herzinfarkt, Schlaganfall und Arterienverkalkung und es gibt viele Hinweise, dass das Heißhungerhormon Insulin den Alterungsprozess beschleunigt. Inchauspé erläutert, wie man mit relativ einfachen Ernährungshacks hohe Ausschläge von Glukose und Insulin vermeiden kann.

Zunächst einmal müssen wir verstehen, welche verschiedene Formen die Familie der Kohlenhydrate annehmen kann: Stärke, Ballaststoffe und Zucker (der wiederum als Glukose, Fruktose oder Saccharose auftreten kann). Bei der industriellen Aufbereitung von Nahrungsmitteln werden häufig Ballaststoffe entzogen und Stärke und Zucker konzentriert.
Ein Nüchternblutzuckerwert von 72-86mg/dl gilt als optimal, darüber steigen die Risiken für Gesundheitsprobleme. Insbesondere sollten starke Schwankungen des Glukosewerts und Anstiege um mehr als 30ml/dl nach dem Essen vermieden werden.

Die Mitochondrien, mikroskopisch kleine Organellen, die sich in fast jeder Zelle befinden, erzeugen aus der Glukose (und Sauerstoff aus der Atemluft) die chemische Variante von Energie, mit deren Hilfe die Zelle ihre Aufgabe erledigen kann. Wird zu viel Glukose an die Zellen geliefert, werden freie Radikale freigesetzt, die Mitochondrien kommen mit der Energieumwandlung nicht mehr hinterher und die Anzahl der freien Radikale wird nicht mehr beherrschbar. Dieser oxidative Stress erhöht das Risiko für Herzkreislauferkrankungen, Diabetes Typ 2 und viele weitere Schädigungen. Die Bräunung von Molekülen beim Zusammenstoß mit einem Glukose-Molekül (Glykation) ist als ‚Maillard-Reaktion‘ bekannt, eine Ursache für Alterung und Nachlassen der Organfunktionen. Ein Langzeitblutzucker-Test misst, wie häufig die Maillard-Reaktion im Körper abläuft. Fruktose-Moleküle glykieren andere Moleküle zehnmal so schnell wie Glukose und richten deutlich mehr Schaden an. Die Kombination von oxidativem Stress und Glykation führt zu einem Entzündungszustand im Körper, chronische Entzündungen sind die Ursache vieler chronischer Erkrankungen. Insbesondere der Quotient aus Triglyzerin (in mg/dl) durch HDL (in mg/dl) ist ein sehr guter Indikator für die LDL (Muster B) – Konzentration und sollte unter 2 liegen.

Insulin (das von der Bauchspeicheldrüse produziert wird) hat die Aufgabe, Glukose aus dem Blutkreislauf zu den Speicherstätten im ganzen Körper zu schaffen. Speicherstätte Nummer eins ist die Leber, die Glukose in Glykogen überführt. Die Leber kann etwa 100g Glukose (= die Hälfte der täglich benötigten Energiemenge) in Form von Glykogen aufnehmen. Die Muskeln als weitere Speicherstätte können etwa 400g Glukose in Form von Glykogen aufnehmen. Wenn beide Lagerstätten gefüllt sind, wird der Rest in Fett umgewandelt und in den Fettreserven deponiert. Fruktose lässt sich nicht in Glykogen umwandeln und in Leber oder Muskeln lagern, sondern ausschließlich in Form von Fett (in der Leber -> Fettleber und vielen anderen Stellen) einlagern. Und es tritt als ‚low-density lipoprotein (LDL)‘ in den Blutkreislauf ein. Viele als fettarm beworbene Produkte enthalten eine Menge Saccharose und die darin enthaltene Fruktose wird nach der Verdauung zu Fett.

Der Körper ist in der Lage, das Glykogen aus Leber und Muskeln wieder in Glukose zurückzuverwandeln, wenn es in den Mitochondrien benötigt wird. Erst wenn die Glykogenreserven aufgebraucht sind, holt sich der Körper seine Energie aus dem Fett in den Fettreserven. Dieser Fettverbrennungsmodus funktioniert aber nur dann, wenn der Insulinspiegel niedrig ist (d.h. ca. 2 Stunden nach der Spitze wieder gesunken ist), d.h. einer Gewichtsabnahme geht stets ein Sinken des Insulinspiegels voraus. Wenn der Insulinspiegel über einen langen Zeitraum hoch ist, kann man eine Insulinresistenz entwickeln, d.h. Leber, Muskeln und Fettzellen benötigen immer mehr Insulin, um die gleiche Menge Insulin zu verstauen. Die übliche Behandlungsmethode bei Diabetes-2-Patienten, Insulin zu verabreichen, sorgt zwar kurzfristig dafür, dass die Fettzellen Glykose einlagern, langfristig verschlimmert es aber nur die Erkrankung. Die effektive Behandlung besteht darin, die Glukosekurve möglichst flach zu halten und Inchauspè schlägt folgenden Hacks/Tricks vor, um dies zu erreichen:

  • Bei Mahlzeiten zuerst das Gemüse und den Salat (mit Ballaststoffen, ohne Brot!), dann die Proteine und Fette, dann erst die Kohlenhydrate (inkl. Obst) essen.
  • Jede Mahlzeit um einen grünen Salat vorweg erweitern.
  • Je mehr Ballaststoffe, desto besser; bei den Brotsorten hat Sauerteigbrot aus Roggen die meisten Ballaststoffe.
  • Fruktose ist schlimmer als Glukose, da dieser Zucker nicht zur Energiegewinnung genutzt werden kann, sondern fast vollständig als Fett eingelagert wird. D.h. ein süßes Frühstück bringt keine Energie; vermeide Orangensaft, süße Frühstücksflocken, etc. Ein Glas Orangensaft enthält soviel Zucker wie eine Dose Coca-Cola. Auch Obst-Smoothies sind nicht gesund, da die Ballaststoffe des Obstes verlorengegangen sind. Ersetze süße Frühstücke durch herzhafte Frühstücke: Omelette, Salat, Gemüse, Käse, Räucherfisch, griechischer Joghurt, Nüsse, Eier (mit Spinat, Avocado) etc.
  • Honig (oder Agavendicksaft o.ä.) ist nichts anderes als Tafelzucker; auch Trockenfrüchte bestehen i.w. aus Glukose und Fruktose. Wenn Obst, dann frisches Obst, Blaubeeren o.ä.
  • Keine süßen Snacks zwischendurch!
  • Nach dem Essen bewegen (10 Minuten Spaziergang reichen aus) oder etwas Krafttraining machen.
Originalität Erkenntnisgewinn
VerständlichkeitSpaßfaktor
Jessie Inchauspé: Der Glukose-Trick. Wilhelm Heyne Verlag, 10. Auflage, 2022, 333 Seiten.
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