Dienstag, Juli 2, 2024
Mind

Die rekursiv paradox-surreale Natur des menschlichen Geistes

„Der folgende Satz ist falsch.  Der vorhergehende Satz ist richtig.“

Geist, Maschine, Bewusstsein, Musik und Kunst. Erwarten Sie hier keine Entwirrung der Komplexität – Sie werden nach Lesen des Buchs mehr Fragen haben als zuvor!

Sollte man tatsächlich ein Buch über Computerkultur, Neurowissenschaften und ähnlich schnelllebigen Themen lesen, dessen englischsprachiges Original aus dem Jahr 1979 stammt? Ja, denn große Teile des Buches sind zeitlos und ein wunderbares Bespiel für die Kreativität, die aus der Verknüpfung unterschiedlichster Wissensbereiche entspringt.

Die Verbindung der Werke von Johann Sebastian Bach, des holländischen Künstlers M.C. Escher und des österreichischen Logikers Kurt Gödel (1906-1978) (dessen berühmtes Unvollständigkeitstheorem besagt, dass es schon in einfachen logischen Systemen Aussagen gibt, die zwar wahr sind, aber nicht mit den Mitteln dieses Systems bewiesen werden können) bilden lediglich den Rahmen, um ein Gedankengebäude zu errichten, das sich im Laufe des Buches nach allen Seiten hin weiter spinnt: in einer Mixtur aus theoretischer Abhandlung, feinsinnigen Dialogen und rätselähnlichen Beispielen hangelt sich Hofstadter von Formalen Sprachen (als Teilgebiet der Theoretischen Informatik), Zahlentheorie und Logik zu Grundbegriffen des Programmierens wie z.B. Rekursion, die er natürlich auch anhand der typischen Bilder von Escher veranschaulicht. Innerhalb weniger Seiten wird die Verbindung zwischen japanischen Haikus, der Kompositionskunst von John Cage und der DNS als Informationsträger thematisiert, so dass einem ob der Geschwindigkeit der Gedankensprünge schwindlig wird.

Doppelhelix und Surrealismus

Hofstadters Ziel ist es sicher nicht, wissenschaftliche Themen strukturiert und einfach verständlich darzustellen. Eher hat er beginnend mit der Verbindung zwischen Bach, Escher und Gödel nicht mehr den Weg gefunden, sein Wissen und Assoziationsgeschick einzubremsen. Für den Leser ist dies zum einen ein Ärgernis, denn wer kann sich schon 4 Wochen Urlaub leisten, die es braucht, dieses Buch tatsächlich Seite für Seite intensiv zu lesen und zu verstehen? Zum anderen ist es eine Freude, Themen unterschiedlichster Herkunft miteinander verwoben zu sehen: Künstliche Intelligenz führt zur Frage der atomaren Zerlegbarkeit des Bewusstseins und semantischen Netzwerken, die Selbstbezüglichkeit surrealistischer Kunstwerke schlägt die Brücke zu der Molekularstruktur der Doppelhelix, Berechenbarkeitsmodelle der theoretischen Informatiker münden in die Frage, ob Maschinen denken können und Originalität besitzen.

Originalität Erkenntnisgewinn
VerständlichkeitSpaßfaktor
Douglas R. Hofstadter: Gödel, Escher, Bach. Ein endlos geflochtenes Band. Ernst Klett Verlag, 1985, 844 Seiten.
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